PostCom hebt Mindestlohn im Postsektor auf Fr. 19.00 an

24.11.2022

Die Eidgenössische Postkommission PostCom erhöht den Bruttomindeststundenlohn im Postsektor per 1. Juli 2023 von bisher Fr. 18.27 auf neu Fr. 19.00. Sie hat dazu die Anfang 2019 in Kraft getretene Verordnung über die Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen im Bereich der Postdienste (VMAP) angepasst.

Im Postsektor angestellte Personen müssen neu mindestens Fr. 19.00 brutto pro Stunde erhalten. Die Eidgenössische Postkommission PostCom verabschiedete die entsprechende Anpassung der Verordnung über die Mindeststandards im Bereich der Postdienste (VMAP) an ihrer Sitzung vom 6. Oktober 2022 in Bern. Diese Änderung wird auf den 1. Juli 2023 in Kraft gesetzt. Damit besteht für die Postdiensteanbieterinnen genügend Zeit, um eine allenfalls notwendige Vertragsanpassung vorzunehmen. Gleichzeitig ist für neue Anbieterinnen früh genug vorhersehbar, dass ab Mitte 2023 ein höherer Mindestlohn gilt.

Der Bundesrat hat in Art. 61 Abs. 3 der Postverordnung vom 29. August 2012 (VPG, SR 783.01) die Festlegung der Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen im Bereich der Postdienste an die PostCom delegiert. Die Mindeststandards schützen Angestellte, die keinen gesamtarbeitsvertraglichen Schutz geniessen, vor Lohndumping, müssen aber gleichzeitig auch den Markteintritt von neuen Anbieterinnen ermöglichen. Sie verfolgen im Gegensatz zu anderen, z. B. kantonalen Mindestlöhnen, keine sozialen Ziele. Die von der PostCom erlassenen Mindeststandards sind Vorgaben, die die allgemein gültigen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen ergänzen.

Folgestudie Graf: Verordnung hatte positive Auswirkungen auf Lohnentwicklung

Für die erstmalige Festlegung der Mindeststandards 2019 hatte die PostCom bei den Experten Roman Graf und Prof. Dr. Yves Flückiger (Universität Genf) eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben. Die damalige Studie lieferte wichtige Referenzwerte und Erkenntnisse zu den Arbeitsbedingungen im postalischen Bereich. 2021 mandatierte die PostCom Roman Graf mit der Erstellung einer Folgestudie, basierend auf Informationen von Unternehmen, die bei der PostCom als vereinfacht oder ordentlich meldepflichtig registriert sind.

Gemäss seinem "Bericht zu branchenüblichen Mindeststandards im Postmarkt 2021/2022", für den Graf sich auf über 25'000 Einzeldaten stützen konnte, lässt sich feststellen, dass die tiefsten Löhne im Postmarkt in den letzten vier Jahren gestiegen sind. Dies auch wenn die Zahlen der beiden Studien nicht direkt miteinander vergleichbar sind. So wurden die von den gemeldeten Unternehmen ausgewiesenen Löhne oft weit über dem bisherigen Mindestlohn festgelegt, und zwar in der Regel im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen. Die Studie zeigt ebenfalls, dass die Löhne je nach Tätigkeit und Unternehmen stark voneinander abweichen. Der neue Mindestlohn wurde auf der Grundlage tatsächlich beobachteter Löhne und unter Berücksichtigung weiterer gesetzlichen Zielsetzungen, wie die Sicherstellung eines möglichst vielfältigen und nachhaltigen Angebots im Postmarkt, festgelegt.

Unveränderter Geltungsbereich

Alle meldepflichtigen Anbieterinnen von Postdiensten müssen in den mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen im postalischen Bereich die Mindeststandards der PostCom einhalten. Das gewählte Geschäftsmodell der Anbieterinnen hat keinerlei Einfluss und kann nicht als Rechtfertigung für die Nichteinhaltung der Mindeststandards vorgebracht werden. Unabhängig von der Entlohnungsform hat die Anbieterin der PostCom nachzuweisen, dass der Mindestlohn eingehalten wird.

Die Mindeststandards gelten auch für Temporär-Angestellte, die bei einer Anbieterin von Postdiensten tätig sind. Falls Temporär-Angestellte einem Gesamtarbeitsvertrag unterstehen, der vorteilhafter ist als die von der PostCom festgelegten Mindeststandards, so finden die Bedingungen dieses GAV Anwendung.

Zudem gelten die Mindeststandards auch für Subunternehmerinnen, die mehr als die Hälfte ihres Umsatzes im Postmarkt erzielen. Weiter müssen Postdiensteanbieterinnen in solchen Fällen ihre Subunternehmerinnen mittels einer Vereinbarung schriftlich verpflichten, die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten.

Bei Arbeitsverhältnissen, die einem Gesamtarbeitsvertrag für den postalischen Bereich unterstellt sind, gilt die Vermutung, dass die branchenüblichen Arbeitsbedingungen eingehalten sind. Die PostCom kontrolliert periodisch, ob die Anbieterinnen die Mindeststandards einhalten und kann bei Verstössen aufsichtsrechtliche Massnahmen erlassen.

Segmentierung nicht sachgerecht

Wie bei der erstmaligen Festlegung der Mindeststandards bezog die PostCom von Beginn weg die Sozialpartner in die Diskussionen mit ein. Einzelne Vertreter wünschten unter anderem eine Segmentierung des Mindestlohns nach Marktbereichen oder Funktionen. Die PostCom kam jedoch wie bereits 2018 zum Schluss, dass eine Segmentierung nicht sachgerecht ist. Eine Abgrenzung der Tätigkeitsfelder der einzelnen Unternehmen würde Kategorien von Postdiensten schaffen, die vom Postgesetz und in den Ausführungserlassen nicht vorgesehen sind. Für Anbieterinnen mit vielfältigen Angeboten im Postmarkt würde dies auch einen merklich höheren administrativen Aufwand bedeuten, insbesondere bei der Erbringung des Nachweises zur Einhaltung von verschiedenen Mindestlöhnen im Rahmen von Aufsichtsverfahren gegenüber der PostCom.  

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Letztes Update: 11.12.2023