Jahresbericht 2022: Umsatz im Schweizer Postmarkt leicht rückläufig
13.06.2023
Während der Postsektor über die letzten Jahre insgesamt ein anhaltendes Wachstum verzeichnete, war das Jahr 2022 von einer Verlangsamung geprägt. Der Umsatz im Schweizer Postmarkt schrumpfte um 1,4 %. Dies zeigt der Jahresbericht 2022 der Eidgenössischen Postkommission PostCom.
Die Post übertraf einmal mehr und teils deutlich die Vorgaben der Postgesetzgebung. Die hohe Qualität der Grundversorgung zeigte sich zum einen bei der Pünktlichkeit der Zustellung, wobei zum ersten Mal die rechtzeitige Zustellung von Tageszeitungen an alle Haushalte in Regionen ohne Frühzustellung gemessen wurde. Zum anderen überzeugte die Post ebenfalls bei den übrigen Qualitätskriterien. Obwohl das Ergebnis für die Grundversorgung zurückging, ist die Post nach wie vor in der Lage, die Grundversorgung völlig autonom zu finanzieren.
2022 belief sich der Gesamtumsatz des Postmarktes auf 4,2 Milliarden Franken, dies bei einem Sendungsvolumen von 2,9 Milliarden Stück (vgl. dazu die Übersicht). Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Umsatzrückgang von nahezu 1,4 % zu beobachten. Die Gesundheitslage in den Jahren 2020 und 2021 mit den Massnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 hatte die Nachfrage nach Postdienstleistungen erheblich angekurbelt. Dies betraf nicht nur die traditionellen Bereiche der Standardpakete, sondern auch den Bereich der städtischen Kurierdienste, insbesondere die Lieferung von Fertiggerichten und den Transport von Laborprodukten.
Bei der Anzahl Sendungen verstärkte sich der negative Trend. Der Rückgang des Briefvolumens im Jahr 2022 ging nicht mit einem entsprechenden Anstieg der Paketsendungen einher. Insgesamt nahm die Zahl der beförderten Sendungen um 4,3 % ab.
Der Paket-, Express- und Kurierdienstmarkt (KEP-Markt) weist seit mehreren Jahren eine grosse, durch den wachsenden E-Commerce ausgelöste Dynamik auf. Im Jahr 2021 war der Umsatz des Online-Handels in der Schweiz um rekordhohe 12% gestiegen. 2022 gingen indes sowohl der Umsatz des nationalen Onlinehandels als auch die Anzahl der KEP-Postsendungen um 2,4 % bzw. 3,2 % zurück. Im Allgemeinen gehen die Branchenakteure davon aus, dass es sich hierbei um einen vorübergehenden Rückgang handelt, dem ein Wachstum folgen sollte, wenn auch ein moderateres als in den letzten Jahren.
2022 betrug der Gesamtumsatz des Briefmarktes 1,6 Milliarden Franken, bei einem Volumen von 1,8 Milliarden Sendungen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz um 1,4 %. Dies ist der erste Anstieg seit mehreren Jahren; er ist hauptsächlich auf die von der Post CH AG umgesetzten Tariferhöhungen zurückzuführen. Die Anzahl der beförderten Sendungen sank hingegen deutlich um 4,1 %. Im Jahr 2021 war der Rückgang kleiner ausgefallen.
Dynamik bei den meldepflichtigen Unternehmen
Im Mai 2023 waren 218 Unternehmen bei der PostCom als Anbieterinnen von Postdiensten registriert, genau gleich viele wie ein Jahr zuvor. Von diesen Unternehmen unterstanden 62 (+5) der ordentlichen Meldepflicht und 156 (-5) der vereinfachten Meldepflicht. Hinter dieser scheinbaren Stabilität verbirgt sich in Wirklichkeit eine erhebliche Dynamik. In den letzten Monaten liessen sich zahlreiche neue Unternehmen bei der PostCom registrieren, während andere ihre postalische Aktivität aufgaben.
Grundversorgung: Post einmal mehr über den Vorgaben
2022 erfüllte die Post bei den A-Post-Briefen mit 97,20 % die Laufzeitvorgabe (97 %). Im Vergleich zum Vorjahr fiel das Resultat in dieser Kategorie etwas besser aus. Bei den B-Post-Briefen lag die Post mit den gemessenen 99,30 % noch deutlicher über der Vorgabe. Für diese Briefgattung vermochte die Post die Pünktlichkeit somit auf sehr hohem Niveau zu halten.
Bei den Priority-Paketen übertraf die Post mit 95,70 % die Laufzeitvorgabe (95 %) und schnitt in dieser Kategorie verglichen zum Vorjahr wieder besser ab. Auch bei den Economy-Paketen erzielte die Post mit den gemessenen 96,90 % ein klar über der Vorgabe liegendes Resultat.
Mit der Umsetzung der Motion Candinas vom 30. September 2016 (Mo. 16.3848) wurden die rechtlichen Grundlagen dahingehend angepasst, dass abonnierte Zeitungen grundsätzlich bis spätestens 12.30 Uhr an alle Haushalte zugestellt werden müssen, wenn in einer Region keine Frühzustellung angeboten wird. Die Post legte für das Jahr 2022 erstmalig einen Prüfbericht für die Messung der Zustellqualität vor. Die PostCom stellte fest, dass die gesetzliche Vorgabe von 95 % mit einem schweizweit erreichten Jahreswert von 98,8 % deutlich übertroffen wurde.
Die Post erfüllte 2022 in sämtlichen Kantonen die gesetzlichen Anforderungen mit über 90 % Erreichbarkeit (inkl. Hausservice). Auf nationaler Ebene resultierte ein Jahreswert von 96,67 % inkl. Hausservice. Der Jahreswert war somit höher als im Vorjahr, als die Erreichbarkeit bei 96,51 % lag. Alle Kantone – auch diejenigen mit weniger verkehrsgünstigen Regionen – wiesen einen Wert von über 90 % aus.
Netz mit 2027 bedienten Zugangspunkten
Ende 2022 bestand ein Netz von 773 eigenbetriebenen Poststellen und 1254 Postagenturen, d.h. insgesamt verfügt die Post über ein Netz von 2027 bedienten Zugangspunkten. Wie in den Vorjahren ging die Anzahl der Poststellen stärker zurück, als die Anzahl der Agenturen zunahm.
Die Anzahl der Gebiete mit Hausservice ist auf 1881 gestiegen. Dies entspricht einem Plus von 34 Gebieten im Vergleich zum Vorjahr. Mit 478‘933 hat die Anzahl der Haushalte in der Schweiz, die einen Hausservice erhalten, ebenfalls leicht zugenommen. Anteilsmässig erhalten 10,6 % aller nationalen Haushalte den Hausservice.
Umwandlung von Poststellen und Postagenturen: Post setzt Empfehlungen um
Nur in einem Fall eröffnete die Post im Jahr 2022 einer Gemeinde einen Entscheid über die Umwandlung einer Poststelle in eine Postagentur. Es handelte sich dabei um eine mitbetroffene Nachbargemeinde. Mit der Standortgemeinde selber hatte die Post eine einvernehmliche Ersatzlösung gefunden. Die Nachbargemeinde verzichtete auf eine Eingabe an die PostCom. Alle anderen im Jahr 2022 beschlossenen Schliessungen und Verlegungen von Poststellen erfolgten im Einvernehmen zwischen Post und betroffenen Gemeinden.
Seit Inkrafttreten des neuen Postrechts per 1. Oktober 2012 gab die PostCom auf Antrag der betroffenen Gemeinden rund 150 Empfehlungen zur Schliessung von Poststellen ab. Davon waren 78 Empfehlungen mit teils mehreren Auflagen, Bedingungen oder Erwartungen verknüpft. Sieben weitere Empfehlungen verlangten von der Post eine Ergänzung des Dialogs mit den betroffenen Gemeinden. In zehn Fällen empfahl die PostCom der Post, auf die Schliessung der Poststelle mit der vorgesehenen Ersatzlösung zu verzichten. Die anderen Empfehlungen waren Zustimmungen zum geplanten Projekt der Post, die nicht mit Auflagen oder Bedingungen verbunden wurden. Im Berichtsjahr prüfte die PostCom, wie die Post diese Empfehlungen umgesetzt hatte und stellte fest, dass die Post diese weitgehend erfüllte.
Keine verbotenen Quersubventionen feststellbar
Die Post konnte für das Jahr 2022 den jährlichen Pauschalnachweis der Einhaltung des Quersubventionierungsverbots gemäss Art. 55 Abs. 3 VPG nicht erbringen. Die PostCom hat vertiefte Abklärungen getroffen, um die Ursachen des ausserhalb der Grundversorgung erwirtschafteten Defizits zu analysieren und stellte fest, dass die Erlöse einzelner Produkte und Dienstleistungen ausserhalb der Grundversorgung nicht ausreichend waren, um deren inkrementelle Kosten zu decken. Da die Post nachweisen konnte, dass die Stand-alone-Kosten des reservierten Dienstes dessen Erlöse übersteigen, waren die festgestellten Kostenunterdeckungen jedoch nicht zu beanstanden. Entsprechend konnte die PostCom im Berichtsjahr keine verbotenen Quersubventionen feststellen.
Obgleich beim regulatorischen Ergebnis innerhalb der Grundversorgung im Mehrjahresvergleich ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen ist, ist unter den aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen die Finanzierung der Grundversorgung weiterhin gewährleistet. Aus regulatorischer Sicht ist festzuhalten, dass die Post nach wie vor in der Lage ist, die Grundversorgung eigenwirtschaftlich zu erbringen. Dabei steuern die Brief- und Paketbereiche (innerhalb und ausserhalb der Grundversorgung) den grössten positiven Anteil zum Ergebnis bei.
PostCom setzt branchenübliche Arbeitsbedingungen und Mindeststandards durch
Der PostCom obliegt die Aufsicht darüber, dass die Postdiensteanbieterinnen die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhalten. Seit Anfang 2019 hat sie 54 Unternehmen eingehend geprüft und in 20 Fällen Aufsichtsverfahren eingeleitet.
Wie in den Vorjahren zeigten die Kontrollen im Jahr 2022, dass einige Unternehmen die Mindeststandards nicht einhalten. Die Verstösse betrafen insbesondere die mit den Angestellten vertraglich vereinbarte Dauer der Arbeitswoche (maximal 44 Stunden), den Stundenlohn (mindestens Fr. 18.27) und andere allgemeine arbeitsrechtliche Verpflichtungen. Ebenso hatten einige Unternehmen mit Subunternehmern, die unter die Vorgaben fallen, die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen bei der Erbringung von Postdienstleistungen nicht oder nur teilweise vereinbart.
Im Berichtsjahr erliess die PostCom neun Strafbescheide wegen Verletzung der Meldepflicht. Der Bussenrahmen reichte dabei von 400 bis 2‘000 Franken. Acht Strafbescheide sind in Rechtskraft erwachsen und einer ist pendent. Vier Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung der Meldepflicht wurden mangels Erfüllung des Tatbestandes eingestellt (Art. 2 und 62 VStrR). In 13 Fällen wurde eine Nichtanhandnahme verfügt.
Minimaler Bruttostundenlohn per 1. Juli 2023 auf Fr. 19.00 erhöht
Ihrem Auftrag gemäss Art. 61 Abs. 3 VPG folgend hat die PostCom in der Verordnung vom 30. August 2018 die Mindeststandards für die Postbranche festgelegt. Diese sind seit dem 1. Januar 2019 in Kraft. Am 6. Oktober 2022 beschloss die PostCom, den minimalen Bruttostundenlohn im Postsektor per 1. Juli 2023 von Fr. 18.27 auf Fr. 19.00 zu erhöhen. Zu diesem Zweck revidierte sie die Verordnung der Postkommission über die Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen im Bereich der Postdienste (VMAP). Die vertraglich vereinbarte normale Wochenarbeitszeit wurde bei maximal 44 Stunden belassen.
Übrige aufsichtsrechtliche Anzeigen und Verfahren
2022 gingen 56 Eingaben und Anfragen zu Hausbriefkästen ein (2021: rund 50). Die PostCom schloss im Berichtsjahr zehn Verfahren mit einem materiellen Entscheid ab (2021: 2). Ein Gesuch wurde gutgeheissen, in einem weiteren Fall kam es zu einer Teilgutheissung, acht Gesuche wurden abgewiesen (2021: 2 Abweisungen). Fünf Verfahren wurden infolge Rückzugs des Gesuchs abgeschrieben (2021: 4).
Seit 1. Januar 2021 gelten neue Bestimmungen zur Hauszustellung. Die Postverordnung sieht in Art. 31 Abs. 1 neu vor, dass die Post grundsätzlich in alle ganzjährig bewohnten Häuser zustellen muss. Ausgenommen davon sind Häuser, die bereits vor 2021 eine Ersatzlösung anstelle der Hauszustellung hatten. Weitere Ausnahmen gelten beispielsweise bei unverhältnismässigen Schwierigkeiten. Besteht keine Verpflichtung zur Hauszustellung, muss die Post den Empfängern eine Ersatzlösung anbieten. Sie kann z.B. die Zustellfrequenz reduzieren oder einen anderen Zustellpunkt bezeichnen. Die Empfänger sind vorgängig anzuhören. Die PostCom hat 2022 erstmals Entscheide unter der neuen Regelung zur Hauszustellung gefällt und drei Verfügungen, alle auf Grundlage der Übergangs-bestimmungen, erlassen (2 Abweisungen, 1 Gutheissung).
Schlichtungsstelle weiterhin sehr gefragt
2022 bearbeitete die Schlichtungsstelle insgesamt rund 2‘280 Kontakte (Anfragen, Anliegen, Gesuche, Korrespondenzen mit Gesuchstellenden und Anbieterinnen) und eröffnete 98 Fälle. Zwei Konflikte liessen sich nicht erfolgreich lösen. Gemäss Informationsstand der Leiterin der Ombudsstelle wurde in beiden Fällen kein Gerichtsverfahren eingeleitet.
Prioritäre Vorschläge zur Anpassung des Postgesetzes und der Postverordnung
Im Hinblick auf die geplante Anpassung des Postgesetzes und der Postverordnung hält die PostCom an Änderungsvorschlägen fest, die sie aus ihrer Regulierungspraxis heraus als dringlich betrachtet. Ihren Fokus legt sie auf die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen durch Subunternehmen, erweiterte Kontrollkompetenzen gegenüber Meldepflichtigen sowie die Gewährung eines direkten Beschwerderechts vor dem Bundesgericht.