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Jahresbericht 2016: Schweiz postalisch gut versorgt

06.06.2017

Der Postmarkt der Schweiz war 2016 erneut von grossen Veränderungen geprägt: Der Wettbewerb zwischen der Schweizerischen Post und den privaten Anbieterinnen ist innovationsfördernd und nimmt – auch dank wachsender Qualitätsansprüche der Kundinnen und Kunden – an Intensität zu. Die «neuen Arbeitgeber», die im Gefolge der Sharing Economy auftauchen, werfen aufgrund ihrer Ausrichtung und Geschäftsprozesse Fragen bezüglich der branchenüblichen Arbeitsbedingungen auf.

Die Schweizerische Post erbringt sämtliche Dienstleistungen der Grundversorgung wie bis anhin in hoher Qualität und übertrifft alle Vorgaben. Die Nachfrage verlagert sich jedoch immer mehr in den digitalen Bereich, was sich an der anhaltenden Abnahme der physischen Briefmenge und der geringeren Nutzung der Poststellen zeigt. Als Folge dieser Entwicklungen gestaltet die Post ihr Geschäftsmodell um. Der Transformationsprozess zeigt sich am stärksten beim Poststellennetz.

Die schweizerischen Postmärkte bestehen aus dem Briefmarkt bis 2 Kilogramm, dem Paket-markt bis 30 Kilogramm, den Express- und Kurierdiensten, den Velokurierdiensten, dem Markt der Zeitungen und Zeitschriften sowie den Import- und Exportmärkten. Gesamthaft wurden im Jahr 2016 auf diesen Märkten Umsätze in Höhe von 3,838 Mrd. Franken (2015: 3,937 Mrd. Franken) erzielt und 3,704 Mrd. Sendungen befördert (2015: 3,836 Mrd. Sendungen). Im Ver-gleich zum Vorjahr lagen die Umsätze mit insgesamt -2,5 % und die Volumina mit -3,4 % er-neut tiefer. Rückläufige Sendungsmengen bei den Briefen sowie härterer Konkurrenz- und Margendruck im Kurier- und Express-Markt (KEP-Markt) beeinflussten die Ergebnisse. Die Schweizerische Post hat bei den nationalen Paketen bis 30 kg einen Marktanteil von 79 %. Im geöffneten Teilmarkt der inländischen Briefe verfügt sie über einen Anteil von 98,6 %.

 

Wiederum hohe Pünktlichkeit

Im Berichtsjahr 2016 beträgt die Pünktlichkeit bei den A-Post-Briefen erstmals 98 % (2015: 97,8 %). Bei den B-Post-Briefen kann die Post ein gleich hohes Resultat wie im vergangenen Jahr ausweisen: 98,9 % erreichten ihre Empfänger rechtzeitig.

98,1 % der Priority-Pakete wurden ihren Empfängern pünktlich zugestellt, was gegenüber dem 2015 verzeichneten Wert von 97,5 % eine weitere, deutliche Steigerung darstellt. Die Laufzeit für Economy-Pakete sank hingegen leicht und beträgt 97,2 % (2015: 97,5 %).

 

Erreichbarkeit: stabile Werte trotz laufendem Umbau des Poststellennetzes

90 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung müssen zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrs-mitteln innerhalb von 20 Minuten eine Poststelle oder Postagentur erreichen können. Bietet die Post in einer Region einen Hausservice („Postschalter an der Haustüre“) an, so gilt eine Limite von 30 Minuten.

Die Post hat die nationalen Erreichbarkeitswerte erneut deutlich übertroffen und stabil gehalten. 2016 konnten 94,3 % der Wohnbevölkerung innerhalb von 20 Minuten zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Poststelle oder eine Agentur erreichen, in Gebieten mit Hausservice 95,8 %.

Die Entwicklung des Poststellennetzes liegt grundsätzlich in der Kompetenz der Post. Nach Auffassung der PostCom schreibt die Postverordnung aber so tiefe Minimalvorgaben vor, dass sich daraus nur niedrige Leitplanken für dessen regionale Entwicklung ableiten lassen. Angesichts der Wichtigkeit des Service public für die Bevölkerung vermögen die heutigen Vorgaben nicht zu befriedigen.

 

Netzstrategie der Post: Chance für regionale Lösungen

Die PostCom hat die Strategie Netzentwicklung 2017-2020 der Post kritisch zur Kenntnis ge-nommen. Sie begrüsst, dass die Post erstmals Transparenz schaffen will und betrachtet die Strategie als Chance für regionale Lösungen. Mit einer solchen regionalen Versorgung wird einer Forderung der PostCom Nachachtung verschafft.

Begrüssenswert sind die Verlautbarungen der Postspitze, dass die Division Poststellen und Verkauf nicht primär ein Renditebereich ist, sondern reduzierte Ertragserwartungen in Kauf genommen werden sollen. Von der Post erwartet die PostCom eine sozialverträgliche Umsetzung der Netzstrategie. Der Transformationsprozess fordert von allen Beteiligten die Bereitschaft zum Dialog und zu Veränderungen.

Die PostCom macht sich dafür stark, dass die postalische Versorgung einer Region mit ihren spezifischen Bedürfnissen im Vordergrund steht. Das Oberwallis ist nicht Basel-Stadt und der Jura unterscheidet sich vom Mittelland. Nicht über die Poststelle allein soll diskutiert werden: Die verschiedenen Mittel des Postkonzerns, wie Poststelle, Agentur, Postfachanlagen, Paketautomaten, Briefkastenanlagen, Postomaten etc., sollen als Mix für die optimale Versorgung der Bevölkerung und des Gewerbes einer Region eingesetzt werden.

 

Sorgfältige Einzelfallbeurteilung durch die PostCom

Im Jahr 2016 eröffnete die Post 43 Standortgemeinden und fünf mitbetroffenen Gemeinden einen Entscheid über die Postversorgung. Das sind mehr als doppelt so viele Entscheideröff-nungen als in den Vorjahren (je 18 in den Jahren 2015 und 2013 sowie 14 im Jahr 2014). Seit Inkrafttreten des Postgesetzes bis Ende 2016 hat die PostCom 41 Empfehlungen ausgespro-chen. In 34 Fällen stimmte sie der Absicht der Post zu (bei 12 davon mit Auflagen). Vier Emp-fehlungen fielen negativ aus. Dreimal wurde das Dossier wegen Mängeln im Dialogverfahren an die Post zurückgewiesen. Die Post folgt jeweils den Empfehlungen.

Die PostCom befasst sich einlässlich mit allen Umständen des konkreten Einzelfalles. Sie prüft verschiedene Kriterien, wie die Einwohnerzahl, die Anzahl Arbeitsplätze in der Standortgemeinde, die Nachfrage nach Postdienstleistungen in der betroffenen Poststelle, das Poststellennetz in der Region und dessen Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr sowie flankierende Angebote. Ergänzend dazu werden besondere Umstände des Einzelfalles in Erwägung gezogen.

 

Anstieg der Ausnahmen und Ersatzlösungen bei der Hauszustellung

Von der Hauszustellung ausgenommen sind zwar nur 0,07 % aller ganzjährig bewohnten Häuser (2015: 0,06 %). Der Anstieg der Ausnahmen bzw. der Ersatzlösungen beträgt jedoch 12,7%. Die PostCom stellt fest, dass die Post ihre Praxis, namentlich bei Eigentümer- oder Mieterwechsel bei Häusern ausserhalb ihrer Zustellpflicht die Hauszustellung einzustellen oder einzuschränken, fortführt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Praxis bisher in zwei Urteilen geschützt. Da die Verpflichtung der Post zur Hauszustellung gemäss Postverordnung nur in relativ dicht besiedelten Gebieten besteht, ist davon auszugehen, dass die Post künftig nicht nur in Randgebieten, sondern auch in Streusiedlungen vermehrt keine Hauszustellung mehr erbringen wird.

Die PostCom hat bisher grossen Wert darauf gelegt, dass Ersatzlösungen verhältnismässig ausfallen und eine Abwägung zwischen den Interessen der Post und der von der Massnahme Betroffenen vorgenommen wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun im Urteil vom 17. März 2017 (A-6195/2015) festgehalten, dass diese Interessensabwägung im Einzelfall sowie die Anordnung einer anderen Ersatzlösung nicht in die Aufsichtsbefugnis der PostCom fallen, solange die Post den Betroffenen taugliche Ersatzlösungen anbietet. Wenn bei der Hauszustellung Änderungen eintreten, wird sich die PostCom deshalb künftig im Einzelfall nur noch beschränkt zu Ersatzlösungen äussern können. Will man den Status quo bei der Hauszustellung erhalten, so müssen dazu die rechtlichen Vorgaben angepasst werden.

 

Meldepflicht und branchenübliche Arbeitsbedingungen

Im Mai 2017 waren bei der PostCom 165 Unternehmen registriert (44 ordentlich Meldepflichtige und 121 vereinfacht Meldepflichtige). Im Mai 2016 verzeichnete die PostCom 157 Unternehmen.

Gemäss ihrem Auftrag hat die PostCom Ende 2015 eine Studie lanciert, um die Arbeitsbedingungen im Postsektor zu ermitteln, damit sie 2017 Mindeststandards festlegen kann. Die PostCom wird die betroffenen Sozialpartner wiederum eng in die Prozesse miteinbeziehen.

 

Verfahren und aufsichtsrechtliche Anzeigen

Im Berichtsjahr hat das Fachsekretariat der PostCom insgesamt 40 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern (sogenannte «Bürgerbriefe») erhalten, die Reklamationen gegenüber der Post betrafen (2015: 36). In Bezug auf die übrigen Anbieterinnen von Postdiensten ist 2016 ein Bürgerbrief eingegangen (2015: 2).

Die PostCom hat 2016 in 33 Verfahren Verfügungen über den Briefkastenstandort erlassen (2015: 12). In 27 Fällen wies die PostCom die Anträge der Gesuchsteller ab, in sechs Fällen hiess sie diese gut. In 16 Fällen (2015: 7) wurde das Verfahren vor der PostCom als gegen-standslos abgeschrieben, entweder weil die Parteien eine einvernehmliche Lösung fanden oder die Gesuchsteller ihre Anträge zurückzogen. Zwei Verfügungen wurden von den Gesuchstellern beim Bundesverwaltungsgericht angefochten. Beide Beschwerden wurden abgewiesen.

Bei Streitigkeiten über die Hauszustellung hat die PostCom 2016 in drei Fällen ein Verfahren eingeleitet (2015: 5). In einem Verfahren erliess sie eine abweisende Verfügung. In zwei Fällen konnte die PostCom die Verfahren als gegenstandslos abschreiben.

 

Schlichtungsstelle behandelte 59 Fälle

Die Schlichtungsstelle regelt zivilrechtliche Streitfälle. Sie entspricht einem Kundenbedürfnis und arbeitet sehr gut. 2016 hatte die Schlichtungsstelle total 221 telefonische Anfragen und Gesuche zu behandeln, welche die Eintretensvoraussetzungen erfüllten. Die Leiterin eröffnete 59 Fälle offiziell und behandelte sie inhaltlich unter Einbezug der Anbieterinnen. Kein einziges Gerichtsverfahren wurde notwendig.

 

Ausblick: Auswirkungen der Digitalisierung auf die Postbranche

Die PostCom betrachtet die Digitalisierung in erster Linie als Chance. Mit ihr eröffnen sich sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft neue Perspektiven. Die rasanten Entwicklungen lösen jedoch auch Unsicherheit und Ängste aus, auf die es Antworten zu finden gilt. Die PostCom wird die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen. Insbesondere wird sie neue Ansätze zur Regulation vorschlagen, wenn sie die Qualität der Grundversorgung und die Integrität des Wettbewerbs gefährdet sieht.

Bei der Grundversorgung wirkt sich die Digitalisierung im Wesentlichen auf die Entgegennahme und die Zustellung der Postsendungen aus. Innovationen steigern die Servicequalität vor allem im Zustellprozess auf der letzten Meile. Empfänger sollen in die Lage versetzt werden, Zustellort und -zeitpunkt per App verfolgen und steuern zu können. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf das Zustellpersonal. In Zeiten dichteren Verkehrsaufkommens und damit verbundener Verzögerungen gerät dieses immer stärker unter Druck.

Besonders drängende Fragen stellen sich in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Die PostCom muss im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung insbesondere prüfen, welche Stellung den IT-basierten Vermittler-Plattformen zuzuschreiben ist. Diese Fragen hängen eng mit der Meldepflicht gemäss Postgesetzgebung zusammen. Ihre Beantwortung ist entscheidend dafür, auf welcher Grundlage sich die Arbeitsbedingungen künftig kontrollieren lassen und ein Wettbewerb ohne Lohndumping sichergestellt werden kann.

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Letztes Update: 08.07.2022